Allianz MTV hat den Sprung zurück an die Tabellenspitze der Volleyball-Bundesliga geschafft. Das Team von Headcoach Tore Aleksandersen bezwang den SC Potsdam im Topspiel am Freitagabend mit 3:1 (22:25, 25:18, 25:18, 28:26) und ist nun am Kontrahenten vorbeigezogen. In der ausverkauften SCHARRena lieferten sich beide Mannschaften ein packendes Duell.
Zwischenzeitlich lag „Stuttgarts schönster Sport“ im vierten Satz mit sechs Punkten im Hintertreffen, alles sah nach einem entscheidenden fünften Durchgang aus. Und doch tanzten die Spielerinnen in den schwarzen Trikots am Ende jubelnd auf dem Parkett, während in der SCHARRena ein ohrenbetäubender Jubel herrschte. Mit einem sensationellen Comeback hat Allianz MTV Stuttgart die Tabellenführung in der Volleyball-Bundesliga zurückerobert und sich in eine blendende Ausgangssituation für die Playoffs gebracht. Beim Erfolg gegen Potsdam lief zwar längst nicht alles rund, trotzdem war es ein beeindruckender Sieg der Moral.
Als Roosa Koskelo den Ball sensationell abwehrte, ging ein Raunen durch die SCHARRena, nur Sekunden danach bebte die Halle am Neckarpark. Simone Lee hatte das Kunststofffabrikat lang ins Potsdamer Feld geschlagen und auf 21:20 gestellt - das Comeback im vierten Satz war quasi perfekt. Es herrschte eine Stimmung ähnlich wie bei der Deutschen Meisterschaft im Sommer des vergangenen Jahres, es war ja auch das Duell des amtierenden Meisters gegen den Vizemeister. Und dieser Vizemeister aus Potsdam hatte dann plötzlich zwei Satzbälle. Der Tie-Break wäre perfekt gewesen, wieder einmal ein fünfter Satz in der SCHARRena, aber der Punktverlust hätte Allianz MTV auch die neuerliche Tabellenführung gekostet. Und die Tabellenführung wollte sich das Team um Kapitänin María Segura nicht nehmen lassen. Mit etwas Mithilfe der Brandenburgerinnen gelang der Ausgleich zum 24:24, Laura Künzler wehrte im Nachgang noch einen Satzball ab. Und dann war es tatsächlich so weit. Auf Britt Bongaerts’ Aufschlag folgte eine schwache Annahme Potsdams, Krystal Rivers drosch diese ins freie Feld - und sorgte für Ekstase im Neckarpark. Pünktlich zu Fasching konnten die unermüdlichen Fans in der ausverkauften SCHARRena ihr Team feiern. Dabei hatte es in diesem Satz und auch zu Beginn der Partie wahrlich nach solch einem Ende ausgesehen.
In der mit 2.251 Besuchern rappelvollen Halle begann Tore Aleksandersen mit Britt Bongaerts im Zuspiel, Roosa Koskelo bekleidete wie gewohnt die Liberaposition. Auf Außen durften Simone Lee und Maria Segura ran, Krystal Rivers startete auf Diagonal. Im Mittelblock bot der norwegische Cheftrainer Marie Schölzel und Eline Timmerman auf. Krystal Rivers setzte dann mit einem krachenden Angriff das erste Zeichen in der Partie, doch eine Serie der Rückkehrerin Hester Jasper brachte die Stuttgarter Annahme ein ums andere Mal in Verlegenheit. Beim 3:8 musste Tore Aleksandersen direkt die Auszeit ziehen, doch Potsdam stand zu Beginn überragend in der Abwehr. Kein Durchkommen für Stuttgart, man musste sich auf Einzelaktionen wie Britt Bongaerts‘ Einer-Block (6:9) oder Pipes von Krystal Rivers verlassen. Das erste Tempo funktionierte als einzige Angriffsvariante wirklich flüssig, Eline Timmerman und Marie Schölzel hielten Stuttgart so in Schlagdistanz. Laura Künzler sorgte dann mit ihrem Ass zum 16:19 für Unruhe auf der Potsdamer Bank, Guillermo Naranjo Hernández musste das Time-Out nehmen. Doch Stuttgart war jetzt endlich in der Partie angekommen. Marie Schölzel blockte gegen das erste Tempo zum 21:23, danach pfiff der Schiedsrichter einen Übertritt der Gäste. Und Krystal Rivers hatte im nächsten Ballwechsel gar die Chance zum Ausgleich, die US-Amerikanerin setzte den Ball aber knapp ins Aus. Die Aufholjagd blieb vorerst ungekrönt, der SC Potsdam führte mit 1:0 nach Sätzen. Fazit nach Durchgang Eins: Allianz MTV unterliefen zu viele einfache Fehler, der Aufschlagsdruck der Gäste stellte die Annahme der MTV-Damen vor einige Probleme. Aber - im Angriff schien Britt Bongaerts immer mehr das passende Rezept zu finden.
Das spiegelte sich auch zu Beginn des zweiten Satzes wider. Marie Schölzel verwertete früh zwei Einbeiner zur 3:1-Führung, dann zwang ein Segura-Tip die Gäste früh zur Auszeit. Weil aber Maria Segura ihren Rhythmus im Angriff fand und ihre ganze Cleverness ausspielte, baute Stuttgart den Vorsprung gar auf 8:2 aus. Allianz MTV war jetzt viel stabiler und dann konnte Britt Bongaerts ihre Angreiferinnen auch gut in Szene setzen. Simone Lee und immer wieder Marie Schölzel waren die Nutznießerinnen, dann drehte Krystal Rivers wieder auf - 17:12 und Auszeit Potsdam. Als es nochmal enger wurde blockte Simone Lee den Ball mit der wirklich allerletzten Faser ins Feld, dann legte die Frau mit der Zehn noch einen krachenden Pipe nach. Schlussendlich besiegelte ein Fehlaufschlag von Fleur Savelkoel den Ausgleich.
Abschnitt Drei begann dann wieder sehr ausgeglichen. Beim 4:4 blockte Eline Timmerman ihre gute Freundin Hester Jasper, dann legte die Niederländerin den Einbeiner nach. Als Maria Segura eine zu lange Annahme ins Potsdamer Feld drückte, mussten die Gäste beim Stand von 8:5 die Auszeit nehmen. In der Folge übernahm der amtierende Meister das Kommando. Die Abwehr um Roosa Koskelo stand sehr stabil, vorne kam Krystal Rivers (am Ende 25 Punkte) immer mehr zum Zug. Das 13:7 war dann wieder ein Highlight. Eline Timmerman rettete erst den Ball, dann vollendete einmal mehr Rivers. Potsdam reagierte und brachte Laura Emonts für Hester Jasper, aber Stuttgart war im „Flow“. Erstmals ertönte „Sweet Caroline“ in der unfassbar stimmungsvollen Halle, Potsdam kam zwar nochmal heran, aber Krystal Rivers beendete alle Comeback-Träume. Erst rettete sie einen fast verloren geglaubten Ball und dann blockte sie direkt den nachfolgenden Potsdamer Angriff in Personalunion - die Halle flippte aus. Es passte, dass Landsfrau Simone Lee per Einer-Block den Deckel auf den Satz machte. Und danach mit ihrer Körpersprache signalisierte: „Wir sind heiß auf die drei Punkte“.
Doch irgendwie ist diese Potsdamer Mannschaft selten kleinzukriegen, so auch in diesem Top-Duell. Nach einem kleineren Fehlerfestival zu Beginn des vierten Satzes zogen die Hernández-Schützlinge auf zwischenzeitlich 10:16 davon. Und dann begann das große Comeback. Simone Lee machte mit dem Pipe zum 11:16 den Anfang, dann half Potsdam mit Eigenfehlern mit. 14:17 - Auszeit SCP. Dann konnte sich Allianz MTV wieder auf das erste Tempo mit Eline Timmerman verlassen, direkt im Anschluss blockte Simone Lee zum 17:19. Krystal Rivers stellte auf einen Punkt Abstand. Und dann nahm der Wahnsinn seinen Lauf. Erst blockten Maria Segura und Marie Schölzel „Stuttgarts schönsten Sport“ zum 20:20-Ausgleich, dann kamen die eingangs geschilderten Sequenzen. Krystal Rivers sorgte für den umjubelten Schlusspunkt nach Aufschlag von MVP Britt Bongaerts. Die SCHARRena war mit allen 2.251 Zuschauern in Feierlaune, die Spielerinnen begannen, angeführt von Eline Timmerman, eine Polonaise durch die Halle. Tabellenführer Allianz MTV Stuttgart. Damit lässt es sich in die „Pokalfinal-Pause“ starten.
Video-Highlights bei Sport1:
https://www.sport1.de/tv-video/video/ekstase-in-stuttgart-nach-packendem-topspiel__D60AE524-F908-41ED-B81E-61F53F5EB5EC
https://www.stuttgarts-schoenster-sport.de/news/2-1-bundesliga/854-comeback-wahnsinn-gegen-potsdam#sigProIdc4ae6606c3