Das Team von Allianz MTV Stuttgart: der erste und zweite "Anzug" sitzt immer besser.  (Foto: Moritz Bosold)

Das Team von Allianz MTV Stuttgart: der erste und zweite "Anzug" sitzt immer besser. (Foto: Moritz Bosold)

Mit 3:1 schlug Allianz MTV Stuttgart im gestrigen Bundesliga-Match die Hessinnen vom VC Wiesbaden. Trainer Giannis Athanasopoulos probierte dabei Spielerinnen aus der vermeintlichen „zweiten Reihe“ aus – zum einen, um das Spielverständnis und die Abstimmung auch hier weiter zu stärken, zum anderen sicherlich auch, um zu sehen, wer Verantwortung übernimmt, wenn er „ins kalte Wasser“ geworfen wird. Zum Matchende hin vertraute der Grieche aber auf seine Stamm-Sechs – und schon wurde das Ergebnis deutlich …

Im ersten Satz beobachteten die 2.000 Zuschauer in der SCHARRena gleich Erstaunliches, mehrere Deja-vus par excellence: In sechs Spielen hintereinander gab es je 3 x 2 glatt identische Ballwechsel zu bestaunen. Zunächst punktete Frauke Neuhaus zweimal hintereinander über rechts durch angeschlagenen Allianz-MTV-Block. Danach wurde Tanja Großer zweimal vom Stuttgarter Doppelblock komplett identisch abgefangen. Und dann holte Channon Thompson zwei Punkte für Stuttgart mit vollkommen identischem Schnelllauf über links. Grundsätzlich war aber zu beobachten, dass Allianz MTV weiter auf der Suche nach dem optimalen Spielverständnis ist. Allerdings fanden sich mit Thompson, Jennifer Hamson und Annie Cesar auch gleich drei Neue in der Starting-Six wieder, was dem Grundverständnis nicht unbedingt zuträglich war. Jedoch muss der Trainer ja auch andere Spielerinnen näher ans Team heranführen, um die Spielstärke auch in der Breite kompakt zu bekommen. Dass Celine van Gestel als Stabilisator der Abwehr und Krystal Rivers als Punktelieferantin und Kapitänin auf dem Feld fehlen würden, war den Fans vermutlich schnell klar. Zumindest Celine van Gestel half dann aber am Ende des Satzes eingewechselt mit, sich bei zwei Aufschlagserien von Martina Samadan und Cansu Aydinogullari von Wiesbaden abzusetzen und den Satz mit 25:20 dicht zu machen.

Unglaublich kurios auch der Beginn des zweiten Durchgangs: Eine Aufschlagserie von Frauke Neuhaus brachte Wiesbaden erschreckend schnell und mit wenig Gegenwehr mit 1:8 in Führung, Channon Thompson wurde dabei in der Allianz-MTV-Defensive fast schwindelig geschossen. Dann war Stuttgart mit Alexandra Lazic an der Aufschlaglinie siebenmal erfolgreich, am Ende stand es 9:9 – alles auf Anfang quasi. Bei Lazic wechselte am ganzen Abend Licht und Schatten ab. In diesem 2. Satz machte die Schwedin allein sieben Punkte für Stuttgart, insgesamt als beste Scorerin 19. Aber eben in der Summe auch am meisten Aufschlag- und Angriffsfehler. Thompsons unbestrittene Angriffsstärke jedoch reichte in diesem Match nicht aus, um ihre vermeintlich etwas schwächere Defensive zu kaschieren. Celine van Gestel kompensierte dies ab Mitte des Satzes – und auch Krystal Rivers kam beim Stand von 18:19 rein. Aber diesmal reichte es nicht, auch weil die Stuttgarter Fehlerquote in diesem Durchgang einfach zu hoch war. Mit mehr Aufschlagdruck in der Crunchtime und der wieder eingewechselten, jedoch weiterhin etwas schwächelnden Channon Thompson ging der Satz zu guter Letzt nach einem Aufsteiger in der Mitte von Nathalie Lemmens mit 23:25 an Wiesbaden.

Im dritten Satz wurde den Zuschauern dann recht magere Kost geboten, immerhin liefen aber die beiden Liberas – am Ende jeweils mit der MVP-Medaille ausgestattet – endgültig zu Höchstform auf. Die Annahmequote bei Wiesbaden war nun die bessere, die Durchschlagskraft auf beiden Seiten allerdings nicht berauschend. Bis Mitte des Satzes schaute sich Trainer Athanasopoulos das Treiben auf dem Platz an, dann brachte er Celine van Gestel für Channon Thompson und kurze Zeit später Krystal Rivers für Jennifer Hamson. Jetzt stand bis auf Roosa Koskelo quasi die Stamm-Sechs auf dem Feld … und Stuttgart zog von 15:15 auf 24:20 davon. Mit einem Einzelblock von Juliet Lohuis gegen den VCW-Außenangriff ging der dritte, wenig ansehnliche Satz somit an den amtierenden Deutschen Meister.

Stuttgarts Trainer hatte das Ausprobieren nun wohl endgültig satt und ließ seine besten Girls auch zum vierten Satz unverändert aufs Feld zurückkehren. Zuspielerin Cansu Aydinogullari brachte ihr Team mit einer 6-Punkte-Aufschlagserie gleich mit 7:1 in Front, dabei glänzten vor allem Martina Samadan und Krystal Rivers mit spektakulären Punkten. Der Ruck, der durch das Team in Stammbesetzung ging, war regelrecht spürbar. Lediglich die etwas unpräzise Spielweise im Aufbau blieb und bleibt manchmal das Problem. Mit Samadan, Lazic und Aydinogullari stehen drei Spielerinnen im Team von Stuttgart, die mit ihren Aufschlägen enormen Druck ausüben können. Dies klappt immer wieder recht gut, wenn auch hier noch mehr Konstanz reinkäme, würde Stuttgart defensiv ein recht unangenehm zu spielender Gegner werden – auch für die Damen aus Novara, Lodz und vermutlich Yuzhny, die Allianz MTV am Freitag für die Gruppenphase der CEV Champions League zugelost wurden. So war es dann auch die Schwedin Lazic, die Stuttgart mit einer weiteren Serie von der Linie auf 16:7 uneinholbar in Front brachte. Am Ende des klaren Satzes durfte dann nochmals Jennifer Hamson zeigen, was sie kann – und Alexandra Bura zuspielen. Mit einem Bauerntrick holte diese für ihr Team dann auch gleich den Matchball, den Celine van Gestel mit einem Einzelblock gegen die heranstürmende Renate Bjerland kurz danach zum 25:15 verwandelte.

Unter dem Strich war das Spiel für Stuttgart ein weiterer kleiner Entwicklungsschritt in eine Saison hinein, die vor allem auf der Zuspiel-Position für viel Wirbel sorgte und weiter sorgen wird. Mit Sofia Turla aus Italien absolviert ja gerade eine Spielerin bei Allianz MTV ein „Tryout“. Der Außenangriff hat großes Potenzial, allein an der Chancenverwertung hapert’s noch. Defensiv überzeugt vor allem Celine van Gestel in ihrer Annahmestabilität und ist quasi jetzt schon die „neue Jana Poll“. Und der Mittelblock (Samadan/Lohuis) hat gegen Wiesbaden phasenweise große Stärke gezeigt. Es geht also weiter in kleinen Schritten voran. Und, ach ja: Auf der Libero-Position braucht sich Sportdirektorin Kim Renkema keinerlei Sorgen zu machen. Da ist Stuttgart doppelt gut besetzt. Annie Cesar, Gold-MVP des Abends kurz nach dem Spiel: „Wir haben uns in die Partie reingekämpft, es gab viele Ups & Downs – wenig verwunderlich nach der stressigen letzten Woche. Jetzt freuen wir uns auf das Pokal-Achtelfinale gegen Straubing, denn von uns allen ist es natürlich Traum und Ziel, im Februar in Mannheim im Finale zu stehen. Und dafür werden wir in der SCHARRena alles geben!“

Starting Six Stuttgart:
Aydinogullari – Thompson – Samadan – Lohuis – Hamson – Lazic – Libera: Cesar
 

Starting Six Wiesbaden:
Oud – Großer – Lemmens – Vyklicka – Neuhaus – Dugan – Libera: Stock