Viel zu selten hatte das Stuttgarter Team am Mittwochabend gegen den USC Münster Grund zu jubeln. (Foto: Moritz Bosold)

Viel zu selten hatte das Stuttgarter Team am Mittwochabend gegen den USC Münster Grund zu jubeln. (Foto: Moritz Bosold)

Allianz MTV Stuttgart ist enttäuschend in die Rückrunde der Volleyball Bundesliga gestartet. Das Team von Headcoach Giannis Athanasopoulos verlor gegen den Tabellenachten USC Münster in eigener Halle mit 2:3 (25:22, 18:25, 21:25, 25:16, 13:15) und machte den „Unabhängigen“ aus Westfalen damit vor knapp 1.900 Zuschauern ein überraschendes Zwei-Punkte-„Geschenk“ zu ihrem 59. Vereinsjubiläum.


Im ersten Satz brauchten beide Teams einiges an Anlaufzeit, um nach der doch längeren Bundesliga-Spielpause anlässlich der Olympiaqualifikation der Nationalteams in Fahrt zu kommen. Das gab sich zwar zur Satzmitte hin ein wenig, ein Hochkaräter wurde die Partie aber während des ganzen Abends nicht. Schnell war vor allem auf Stuttgarter Seite zu erkennen, dass die Stammspielerinnen weiterhin etwas überspielt und müde wirken – auf Seiten der Schwaben standen mit Juliet Lohuis, Celine van Gestel (und später Martina Samadan) drei Mädels auf dem Platz, die bei der Olympiaqualifikation in Apeldoorn (Holland) beschäftigt waren (die vor wenigen Tagen verpflichtete US-Amerikanerin Simone Lee soll nun für Entspannung sorgen und mehr Angriffsdruck im Spiel bringen, gerade auf Außen). Doch auch die anderen, vermeintlich „Erholten“ kamen nicht an ihren Leistungszenit heran. So glänzte zwar Jenna Rosenthal zum Beispiel bis zu ihrer Auswechslung mit sehr guten Aufschlagsspielen, die zu vielen Breakpunkten führten, wirkte im Spiel selbst aber glücklos und unentschlossen. Aber auch von Krystal Rivers gab es diesmal nur wenige Impulse, sie musste später sogar angeschlagen vom Feld genommen werden. Die Fehlerquote war allgemein einigermaßen hoch und die Spielerinnen auffallend oft im Netz.
Nimmermüde führte Münsters Nationalspielerin Ivana Vanjak den USC immer wieder nach kleineren Rückständen heran, war Mitte des Satzes beste Spielerin auf dem Platz. Doch nach einer Aufschlagserie (samt Ass) von Celine van Gestel und der Hereinnahme von Ainise Havili für Cansu Aydinogullari im Zuspiel konnte Stuttgart sich in der Crunchtime doch noch etwas mehr absetzen und den Satz durch einen „Einbeiner über Kopf“ von Ainise Havili, den Krystal Rivers im Münsteraner Feld longline versenkte, für sich entscheiden. Doch die 1:0-Führung sollte nicht über die fehlende Durchschlagskraft im Stuttgarter Angriff (gerade auch bei guter Annahme!) und die Ungenauigkeiten in der Reception hinwegtäuschen …

… denn die blieben Alexandra Lazic & Co. leider erhalten! Während Münster seine Annahme weiter stabilisierte und vor allem präzisierte. So spielten die Westfälinnen in der Regel den schnelleren 1. Ball, wovon im zweiten Satz vor allem Lina Alsmeier profitierte, die Stuttgart mit insgesamt acht Punkten quasi „im Alleingang“ erledigte. Als die 19-Jährige dann in der Crunchtime bei eigenem Aufschlag auch noch zwei Asse im Stuttgarter Feld versenkte und Münster mit 23:17 in Führung brachte, war für den Deutschen Meister nichts mehr zu holen. Abschließend verwandelte Diagonalangreiferin Liza Kastrup mit einem Schnellangriff über rechts den in Grün umjubelten Satzball für den USC Münster.

Der „glatte“ Verlauf des zweiten Satzes ließ für die Stuttgarter Fans nichts wirklich Gutes erahnen. Man hatte zu diesem Zeitpunkt nicht das Gefühl, dass sich das Team (wie schon so oft in dieser Saison) würde aufbäumen können. Auch die Hereinnahme von Martina Samadan (für die glücklose Jenna Rosenthal) und Jennifer Hamson für die zu schonende Krystal Rivers brachte zunächst kein verändertes Bild. Münster zog schnell auf 4:8 davon und der Versuch, mit höherem Aufschlagrisiko mehr Druck auf die westfälische Annahme auszuüben, war mehr und mehr von Aufschlagfehlern gekrönt. So blieb Münster stets vorne, auch wenn Lina Alsmeier plötzlich völlig abgetaucht war. Doch beim kämpferisch und in der Abwehr absolut überzeugenden USC übernahm stets jemand anderes die Aufgabe des besten Punktesammlers. Jetzt waren wieder Ivana Vanjak und Liza Kastrup an der Reihe – und auch Barbara Wezorke glänzte mit einer hohen Angriffseffizienz. Münster konnte das zwischenzeitliche 16:20 bis vor die „Ziellinie“ retten und mit einem Schnellangriff von Vanjak über links den ersten Punkt für die Tabelle dank des zweiten Satzgewinns schon einmal sichern.

Wie Stuttgart spielen KÖNNTE, wenn alle Spielerinnen an diesem Abend dauerhaft 90% ihres Leistungsniveaus hätten abrufen können, zeigte der Deutsche Meister dann im vierten Satz. Während einer Acht-Punkte-Aufschlagserie von Juliet Lohuis gleich zu Beginn bewies Martina Samadan, warum sie für Stuttgart am Netz so wertvoll ist. Gute Blockarbeit und ein Direct Winner nach verkorkster USC-Annahme ließen die 1,93m große Kroatin schon jubeln. Und weitere Punkte der Mittelblockerin mittels schnellem Aufsteiger durch die Mitte und den „Einbeiner über Kopf“ am Ende des Satzes sorgten dafür, dass Stuttgart nicht wie befürchtet den Sieben-Punkte-Vorsprung vom Satzbeginn wieder verspielte. So reichte beim Satzball zum 25:16 ein etwas verunglückter Aufsteiger von Juliet Lohuis, der zu einem „Wischer“ verkam, aber trotzdem glücklich in der Mitte des Münsteraner Felds auf den Boden plumpste, zum Satzausgleich: 2:2.

Wer nach diesem „Durchmarsch“ dachte, der Knoten sei endgültig geplatzt und der Tiebreak für Stuttgart nur noch reine Formsache, der hatte die Rechnung ohne eine unsägliche schwäbische Aufschlagfehler-Serie und vor allem ohne Münsters Libera Linda Bock gemacht, die immer wieder über sich hinauswuchs und der deutschen Nationalmannschaft sicherlich weiterhin große Freude machen wird. Die Allianz-MTV-Mädels jedoch schafften es tatsächlich, im ja verkürzten Tiebreak mehr Aufschlagfehler zu machen (nämlich sechs) als in zuvor zwei Komplettsätzen zusammen. Dass es unter diesen Umständen am Ende trotz des unermüdlichen Einsatzes von Alexandra Lazic und auch einer ordentlich agierenden Jennifer Hamson nicht zum Matchgewinn reichen konnte, ist wenig verwunderlich. Ivana Vanjak ließ es sich nicht nehmen und verwandelte gleich den ersten Matchball für den USC Münster mit einem Schnellangriff über links zum 13:15. Der Rest war dann ein Jubel in Grün in der SCHARRena angesichts der sicherlich unerwartet, aber verdient gewonnenen zwei Punkte in Stuttgart zum Vereinsjubiläum. Glückwunsch USC!


Starting Six Stuttgart:
Aydinogullari – van Gestel (MVP) – Rosenthal – Lohuis – Rivers – Lazic – Libera: Cesar
 

Starting Six Münster:
Nelson – Alsmeier – Korevaar – Wezorke – Kastrup – Vanjak – Libera: Bock (MVP)