Rückblick auf eine besondere Saison. Foto: Bildermacher Sport Jens Körner

Die Volleyball-Saison 2020/2021 ist beendet. Eine, für alle Beteiligten, schwierige Saison ist zu Ende gegangen. Auch für unser Team war die Saison alles andere als einfach. Dennoch konnte die Mannschaft unter anderem in der Championsleague begeistern, und ist in der Bundesliga auf schmerzhafteste Art und Weise am Titel vorbeigeschrammt.
Wir blicken noch einmal auf eine ereignisreiche Saison zurück:

Bereits vor der neuen Spielzeit ist klar, dass diese Saison 2020/2021 keine Saison wie jede andere wird. Zu sehr leidet die Gesellschaft unter Corona. Das schlägt sich natürlich auch auf den Sport nieder. Lange ist ungewiss, ob die Saison überhaupt vernünftig zu Ende geführt werden kann, oder wie die finanzielle Situation der Vereine aussieht. Die Damenbundesliga bleibt im Gegensatz zum männlichen Pendant von Ausstiegen befreit. Doch dadurch, dass vermutlich jedes Spiel vor leeren Rängen ausgetragen werden muss, blicken die Verantwortlichen sorgenvoller denn je auf den Start der Liga.

Die Personalsituation

Die Mannschaft von Trainer Giannis Athanasopoulos hat vor dem ersten Heimspiel gegen Vilsbiburg einige neue Gesichter im Team. Nach den Abgängen von unter anderem Leistungsträgerinnen wie Simone Lee oder Celine van Gestel und dem Abschied der Zuspielerinnen Ainise Havili und Cansu Aydonugallari muss Sportdirektorin Kim Renkema das Team umbauen. Neu in der Mannschaft sind nun Hester Jasper aus Suhl und Dora Grozer, die aus der Schweiz an den Neckar kommt. Spektakuläre Rückholaktionen wie die Transfers von Michaela Mlejnkova und Athina Papafotiou begeistern die Fans. Aus Italien kommt desweiteren die Spanierin Maria Segura, aus Straubing kehrt Lena Große Scharmann an ihre alte Wirkungsstätte zurück. Als vermeintlichen Königstransfer kann man Mira Todorova in die Landeshauptstadt lotsen. Aufgrund der Tatsache, dass auch Pia Kästner nach ihrer Verletzung wieder an Bord ist, hat der Kader an Tiefe und Qualität nochmal zugelegt. Und lässt auf eine erfolgreiche Saison hoffen.

Vorbereitung

Die Vorbereitung verläuft verheißungsvoll. Nach Siegen gegen Mulhouse und Pfeffingen kann die Mannschaft von Coach Athanasopoulos auch das heimische Vorbereitungsturnier mit Mannschaften wie Münster und Straubing für sich entscheiden. Die Stimmung ist blendend, die Mädels scheinen sich schon früh gefunden zu haben. Einzig die Ungewissheit in Sachen Corona trübt die Lage. Vor Allem das Theater um die Championsleague bleibt in Erinnerung. Erst soll man in der Qualifikation in Minsk antreten, nach Corona Fällen bei der Mannschaft aus Belarus rückt man kampflos in die zweite Quali-Runde auf. Auch hier spielt die Pandemie eine Rolle, ein Entscheidungsspiel gegen Moskau auf neutralem Boden findet nicht statt. Stattdessen wird man gemeinsam mit Dinamo in die Gruppenphase aufgenommen. Die Auslosung in Luxemburg beschert Allianz MTV dann eine Hammergruppe. Eczacibasi Istanbul, Lokomotive Kaliningrad und Dinamo Moskau heißen die Gegner. Diese klangvollen Namen werfen ihre Schatten voraus. Doch erstmal muss der Start in die Liga gelingen.

Erfolgreicher Ligastart mit Hindernissen

Am 4.10.2020 startet dann die neue Bundesliga Saison mit dem Heimspiel gegen Vilsbiburg. Beim souveränen 3:0 Sieg können 300 Zuschauer in der SCHARRena den neuen Kader um Sprungwunder Hester Jasper bewundern - es wird das einzige Heimspiel mit annähernd frequentierter Halle bleiben.
Die Pandemie hat aber nicht nur Folgen für die Fans, Infektionen innerhalb der Liga werfen den Spielplan durcheinander. Auch Allianz MTV Stuttgart bleibt nicht verschont. Deshalb dauert es fast exakt einen Monat, bis man wieder ein Spiel bestreiten kann. Bei der Auswärtspartie in Münster retten Krystal Rivers und Co. nach verkorkstem Start noch die drei Punkte, müssen aber drei Tage später, am vierten November erneut auswärts in Dresden antreten. Entgegen den Erwartungen, und aus der Quarantäne kommend, entzaubert die Mannschaft in Blau den DSC mit 3:0 und setzt das erste Statement. Weil auch die nächsten Gegner aus Potsdam und Straubing glatt zu Null abgefertigt werden, steht man nach fünf Spieltagen ungeschlagen an der Tabellenspitze.

Ernüchterung im Pokal

Am 18. November steht das Viertelfinale des DVV-Pokals ins Haus. Aufgrund der Situation rund um Covid-19 werden die Viertel- sowie Halbfinals auf dem Weg nach Mannheim in Miniturnieren ausgespielt. In Stuttgart steigt eines dieser Turniere.
Als erste Hürde stellt sich Schwarz-Weiß Erfurt in den Weg. Eine konzentrierte Leistung, bei der auch die zweite Reihe glänzen kann, bucht das Halbfinal-Ticket und nährt die Hoffnung auf ein erneutes Finale in der SAP-Arena in der Kurpfalz.
Am nächsten Tag heißt der Gegner SC Potsdam. Das Team von Ex-Trainer Guillermo Hernandez wurde im Verlauf der Saison bereits klar bezwungen. Insofern geht Allianz MTV um Zuspielerin Pia Kästner als Favorit in dieses Heimspiel - und landet hart auf dem Boden der Tatsachen.

Beim 1:3 werden dem Team von einer leidenschaftlichen Potsdamer Mannschaft teilweise die Grenzen aufgezeigt, die Enttäuschung ist groß. Konsequenzen aus der Niederlage ergeben sich aber nicht nur auf sportlicher Ebene, kurz nach dem Ausscheiden bietet Meistertrainer Giannis Athanasopoulos nach unterschiedlichen Auffassungen zur Zukunft des Vereins und nach Diskussionen über seine Person seinen Rücktritt an - die Wege mit dem Griechen trennen sich.
Vorerst übernimmt Co-Trainer Erik Reitsma die Mannschaft. Das Debüt vom Niederländer kann Allianz MTV in Wiesbaden mit 3:0 siegreich gestalten. Auch das Heimspiel gegen Aachen wird gewonnen, ehe es am 02. Dezember eine unnötige 2:3-Niederlage in Suhl setzt. Die ungeschlagene Ligaserie findet ein Ende, trotzdem steht man weiterhin an der Tabellenspitze. In Erfurt gelingt dann nach zähem Spiel und dem Abwehren von Satzbällen zum 2:2 die Generalprobe für die Championsleague.

CL-Debüt 2020 – In der Todesgruppe überrascht

Nach dem Ligaalltag und der Ernüchterung im Pokal steht die CL vor der Tür. Aufgrund der Situation rund um Covid wird die Gruppenphase in zwei Miniturnieren ausgetragen. Turnier Eins findet in Istanbul statt - Die Europäischen Festtage sollen von der Enttäuschung rund um das Pokalaus und den Störgeräuschen aufgrund des Trainerwechsels ablenken.
Trotz aller Euphorie hinsichtlich des europäischen Topwettbewerbs sind die Erwartungen auf Stuttgarter Seite klein bis gar nicht vorhanden. Zu schwer erscheint die Gruppe mit Topfavoriten wie Istanbul und Moskau. Gegen Erstgenannte geht es dann gleich im ersten Spiel. Und die Mannschaft aus Stuttgart, welche nach den vergangenen Leistungen teilweise hart angezählt wurde, nimmt das Herz in beide Hände. Die ersten beiden Sätze wandern nach teilweise berauschender Leistung in Richtung Allianz MTV - bevor die Favoritinnen aus Istanbul zurückschlagen. Das mit Tijana Boskovic und Jordan Thompson wahrscheinlich beste Angriffsduo der Welt auf Vereinsebene dreht die Partie im Alleingang - und lässt enttäuschte Stuttgarterinnen mit einem Punkt zurück. Allerdings ist keine Zeit zum Nachdenken über die verpasste Chance, denn direkt am nächsten Tag wartet mit den Moskauerinnen der nächste Brocken auf Erik Reitsma‘s Mädels. Wieder zeigt Allianz MTV, allen voran Krystal Rivers und Michaela Mlejnkova, eine überragende Partie. Und dieses Mal belohnen sich die deutschen Vertreterinnen. Mit dem 3:2 gelingt etwas, was nicht einmal die kühnsten Optimisten für möglich gehalten haben. Von vielen war Stuttgart im Vorfeld dieser Gruppe D als Kanonenfutter abgestempelt worden - nach zwei Spielen steht man mit drei Punkten glänzend da. Beim abschließenden 0:3 gegen Lokomotive Kaliningrad fehlt schlussendlich die Kraft, aber das schmälert die überraschende Leistung in keinster Weise. Allianz MTV ist bereits nach der ersten Hälfte der Gruppenphase im Konzert der Großen angekommen.
In der Liga wird zum Jahresabschluss ein 3:2-Sieg gefeiert.

Neuer Trainer und magische Spiele in der CL

Neues Jahr - und neuer Trainer. Der Norweger Tore Aleksandersen übernimmt den Cheftrainer Posten von Co Erik Reitsma. Aleksandersen, ein alter Bekannter aus der Bundesliga, möchte die Mannschaft spielerisch auf ein neues Level heben.

In der Volleyball-Bundesliga fallen währenddessen die Stuttgarter Siege munter weiter. In Schwerin feiert man einen berauschenden 3:0-Erfolg, bevor man die Pflichtaufgaben Suhl und Münster glanzlos, aber souverän löst. Das letzte Ligaspiel vor der Rückrunde in Gruppe D setzen die Mädels vom Neckar aber wieder komplett in den Sand. In Straubing verliert die Mannschaft von Tore Aleksandersen krachend wie verdient mit 0:3.
In diesen Tagen ist es ein Mammutprogramm für Allianz MTV. Nach dem Spiel gegen Straubing (30. Januar 2021) macht sich der Stuttgarter Tross direkt auf den Weg nach Kaliningrad, wo das zweite Vorrundenturnier der CL-Gruppe D steigt. Schon am zweiten Februar trifft man dort wieder auf Eczacibasi Istanbul. Es ereignet sich Historisches. Das Ergebnis ist das Gleiche wie im Hinspiel. Nach 2:1-Satzführung verlieren die Volleyballdamen von Allianz MTV mit 2:3, doch das ist nicht das Thema an diesem Tag. Vielmehr begeistert und beeindruckt das Duell zweier Weltklasse Diagonalangreiferinnen. Auf türkischer Seite ist das Tijana Boskovic, bei Stuttgart die Kapitänin Krystal Rivers. Die Serbin steuert schon herausragende 36 Punkte bei. Nur übertroffen wird sie von Stuttgarts Nummer 13. Die US-Amerikanerin macht sagenhafte 40 Punkte und schießt im wahrsten Sinne des Wortes die Lichter aus. Vor merkwürdigerweise halbvoller Halle in Russland erstarrt selbst das Hallenlicht in Ehrfurcht vor dieser Leistung.

Die größte Auszeichnung kommt danach vom Gegner selbst. Der (das darf schon vorweggenommen werden) spätere Championsleague-Sieger möchte diese Erinnerung unbedingt festhalten und stellt diverse Verantwortliche ab, um sich mit Krystal Rivers und ihrem Trikot ablichten zu lassen. Applaus von den Besten. Ehre wem Ehre gebührt. Am nächsten Tag erweist sich Dinamo Moskau als eine Nummer zu groß, bevor im letzten Spiel nochmal große Momente geschaffen werden. MVP Michaela Mlejnkova führt Allianz MTV zum 3:0-Erfolg über Kaliningrad. In der Endabrechnung bedeutet das Platz 3 mit sieben Punkten. Eine in jeder Hinsicht begeisternde Championsleague-Saison.

Standortbestimmung vor den Playoffs

Keine Zeit zum Ausruhen bleibt in der Liga. Rund 10 Tage nach der Rückreise aus Russland muss man direkt wieder ran. In der Liga gegen Aachen gewinnt man souverän, die Tabellenspitze ist weiter in Stuttgarter Beschlag. Bitter wird es am nächsten Spieltag. Gegen „Angstgegner“ Potsdam passiert das Gleiche wie im Pokal. Der Gegner ist leidenschaftlicher, der Gegner ist besser. 0:3 heißt es, Dresden übernimmt dankend Platz Eins.
Zum Abschluss der Vorrunde steht noch ein Heimspielmarathon an. Gegen Erfurt gewinnt man in der Höhe verdient mit 3:0.
Vier Tage später, am 24. Februar, brennen die Mädels in der SCHARRena ein Feuerwerk ab und weisen den Tabellenführer aus Dresden nach klasse Leistung mit 3:0 in die Schranken. Die Hoffnung auf Vorrundenplatz Eins, und Heimrecht in einem eventuellen Finale lebt.
Zumal die Tür am vorletzten Spieltag noch weiter aufgeht. Dresden lässt Punkte liegen, während Allianz MTV deren Drei gegen den VC Wiesbaden holt. Es ist also alles offen am letzten Spieltag im Rennen um die Hauptrundenmeisterschaft. Allerdings muss im letzten Spiel gegen Schwerin ein Sieg her. Und das gelingt nicht. Nach enttäuschender Leistung muss man sich mit 0:3 geschlagen geben, und geht mit etwas Ernüchterung als Tabellenzweiter in die anstehenden Play-offs.

Playoffs

Endlich Playoffs. Die Saison ist trotz Corona und trotz Bedenken aller Verantwortlichen in der Postseason angekommen. Allerdings ist der Modus etwas anders als sonst. Die Teams mit Heimrecht spielen das erste Spiel auswärts, um danach zwei Heimspiele an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zu haben. Das soll die Reisestrapazen, vor allem in Hinsicht auf die Pandemie, minimieren.
Im Viertelfinale treffen die Mädels um Libera Roosa Koskelo, die auf die Verletzte Juliet Lohuis verzichten müssen, am 17. März auf NawaRo Straubing. Auswärts gewinnt man glanzlos mit 3:0, nur drei Tage später macht man mit einer beeindruckenden Leistung das Halbfinale klar. Gegner dort ist kein geringerer als der Rekordmeister aus Schwerin.
Das Auswärtsspiel in Mecklenburg-Vorpommern gerät zur erwartet schweren Aufgabe für die Mannschaft von Tore Aleksandersen. Mit einem 0:3 im Gepäck reist man zurück in die Landeshauptstadt und steht damit schon unter Zugzwang. Die nächsten beiden Heimspiele müssen gewonnen werden. Die erste Aufgabe erledigt Allianz MTV überraschend souverän mit 3:0. Als dann direkt am folgenden Tag Schwerin mit einer überragenden Leistung nach Hause geschickt wird, kennt der Jubel keine Grenzen. Zum sechsten Mal in Folge steht Allianz MTV Stuttgart im Finale um die deutsche Meisterschaft. Gegner dort wird, wenig überraschend, der Dresdner SC.

Kampf um die Meisterschaft

Es ist alles angerichtet für eine packende Finalserie. Auf Stuttgarter Seite muss Juliet Lohuis weiterhin verletzungsbedingt passen. Eine kleine Schwächung für die Mädels vom Neckar. Im ersten Spiel in Dresden ist davon aber nichts zu merken. Eine überragende Abwehrleistung, bei der Roosa Koskelo besonders hervorsticht, ebnet den Weg zum 0:3-Auswärtssieg. Der erste Vorteil ist auf Stuttgarter Seite. Im zweiten Spiel werden dann die Nerven aller auf eine ganz harte Probe gestellt. Zwei Sätze lang läuft bei den Gastgeberinnen gar nichts, der DSC geht mit 2:0 Sätzen in Führung. Doch dann geht ein Ruck durch die Mannschaft. Der dritte Satz wird in einem Krimi mit 26:24 entschieden, im Anschluss drehen unsere Mädels das Spiel komplett. Als Kystal Rivers am Ende den Matchball zum 3:2-Sieg verwandelt, bebt die SCHARRena. Allianz MTV steht ein Spiel vor dem Titelgewinn. In Dresden kann dann alles klar gemacht werden. Es wird eine Achterbahnfahrt. Immer wieder gleichen die Blauen aus, am Ende geht es wieder in den Tie-Break. Dort fehlt etwas das Glück, der DSC kann auf 1:2 in der Serie verkürzen. Und vor dem nächsten Heimspiel kommt zu allem Überfluss noch eine Hiobsbotschaft dazu. Star-Angreiferin Krystal Rivers kann aufgrund eines Infekts nichtmehr eingreifen. Mit dem Credo „jetzt erst recht“ geht die Mannschaft ins letzte Heimspiel der Serie - und verschläft den Start komplett. Nach dem 0:2 stellt Tore Aleksandersen um, spielt ohne nominelle Diagonalangreiferin auf dem Feld. Eine unorthodoxe Maßnahme, die sich zunächst auszuzahlen scheint. Wieder kämpfen sich die Mädels in den Tie-Break. Dort ist nach dem Abwehren mehrerer Matchbälle sogar nochmal der Ausgleich möglich. Doch es soll nicht sein. So geht es ins alles entscheidende Spiel in die Margon Arena.
Dort reicht dann einfach die Kraft nichtmehr, auch kann man die Ausfälle schwer kompensieren. Weil auch etliche Chancen ungenutzt bleiben, verliert Allianz MTV mit 0:3. Die Meisterschaft geht nach Dresden.

Trotz der Enttäuschung im Pokal und der schmerzhaften Finalniederlage hat man den Fans viele begeisternde Momente beschert. In einer Saison, die so anders war als alle vorherigen.

Fotos: CEV und Bildermacher-Sport (Jens Körner)