Tore Aleksandersen und Erik Reitsma ziehen die Fäden bei Allianz MTV Stuttgart (Foto: Jens Körner)

Alles neu im Jahr 2021? Nicht ganz, aber bei Allianz MTV Stuttgart hat sich doch einiges verändert. Seit nunmehr 4 Wochen hat ein neuer Trainer seine Arbeit aufgenommen. Grund genug für uns sich einmal mit Tore Aleksandersen zu unterhalten und ein bisschen mehr über ihn zu erfahren.

Du arbeitest jetzt seit gut einem Monat als Trainer von Allianz MTV Stuttgart. Was sind Deine ersten Eindrücke vom Verein, wie bist du aufgenommen worden?

Mein erster Eindruck vom Club ist sehr gut, so wie ich es im Grunde erwartet habe. Man hat sich hervorragend um mich gekümmert und mir das Eingewöhnen leicht gemacht. Ich habe mich von Beginn an sehr wohlgefühlt hier in Stuttgart.

Wie kam es dazu, dass Du den Trainerposten bei Allianz MTV Stuttgart übernommen hast?

Ich habe über meine Agentur eine Trainerstelle gesucht, die zu dem Zeitpunkt nicht besetzt war. Eines Tages hat mich meine Agentin kontaktiert, um zu erfahren, ob ich an der Stelle bei Allianz MTV Stuttgart interessiert sei. Nach meinem „Ja“ hat sie sich dann mit dem Club in Verbindung gesetzt.

Was siehst Du in unserer Mannschaft hinsichtlich Teamgeistes und einzelner Spielerinnen?

Am Teamgeist wollen wir auf jeden Fall arbeiten, da haben wir meiner Meinung nach noch einiges an Potential nach oben und können auf jeden Fall stärker werden. Wir versuchen mehr Führungsverantwortung innerhalb des Teams zu etablieren. Keine Frage, die einzelnen Spielerinnen sind sehr talentiert und die Mannschaft hat insgesamt eine große Qualität, aber da lässt sich noch mehr rausholen.

Wieviel Potential siehst Du in der Mannschaft?

Wie schon gesagt sehe ich eine große Qualität in der Mannschaft. Wir müssen nur alles ein bisschen besser machen, also auch beständiger sein und das Niveau dessen, was wir im Moment machen, noch weiter steigern. Wie in fast jedem Team sind die Dinge nicht perfekt und daran müssen wir einfach jeden Tag hart arbeiten, um die Dinge, von denen wir denken, dass wir sie besser machen müssen, auch wirklich besser zu machen. Natürlich müssen wir aber auch auf unsere Stärken bauen.

Da Du ja auch Männerteams betreust, welche Trainingseindrücke und Ideen aus dem Männertraining helfen Dir und worin bestehen die Unterschiede im Training mit Frauenmannschaften?

Ja, ich habe auch Männerteams gecoacht. Die Ideen, die man einbringen kann, sind mehr in taktischen Dingen bei Spielsituationen als tatsächlich bei technischen Dingen zu sehen. Ich denke, die Art und Weise des Trainings unterscheidet sich bei Frauen und Männern schon deutlich. Bei den Männern ist es weniger kompliziert, die tauchen beim Training auf und geben dann direkt 100 Prozent und dann gehen sie wieder nach Hause. Bei den Frauen muss man meiner Erfahrung nach an verschiedenen Dingen mehr arbeiten (lacht).

Wie zufrieden bist du mit dem bisherigen Verlauf deines Engagements in Stuttgart? Ihr hattet ja jetzt auch ein bisschen mehr spielfreie Zeit, wie wurde diese genutzt?

Das Training war sehr gut. Wie Du es ja schon selber angesprochen hast, wir hatten aktuell natürlich nicht viele Spiele, also konnten wir die Zeit natürlich nutzen, um eine Menge zu üben und um unser System zu etablieren und zu festigen. Die Änderungen, die wir versuchen sind extrem wichtig für uns. Ich hoffe, dass wir dann auch in der Lage sind, diese im Spiel umzusetzen. Es ist aber schon auch ein Nachteil, dass wir aktuell nur wenige Spiele haben, um das Ganze anzuwenden und zu festigen. Uns fehlt hier einfach der Spielrhythmus. Aber insgesamt ist es wirklich gut und man kann sehen, dass sich die Spielerinnen sowohl technisch und taktisch, als auch konditionell sehr weiterentwickelt haben und das macht mich zuversichtlich für die restliche Saison.

Aktuell steht die Mannschaft an der Tabellenspitze, zeigt aber doch auch sehr schwankende Leistungen. Welche Möglichkeiten hast Du als Trainer dies zu ändern bzw. wo kannst Du den Hebel ansetzen?

Ich denke, dass die Mannschaft aktuell an der Tabellenspitze steht, zeigt auch ihre Qualität. Aber klar ist auch, dass die Situation rund um den Club auch für die Spielerinnen nicht unbedingt leicht war. Das kann sich dann natürlich auch auf das Spiel auswirken. Aber ich denke, dass sollte uns jetzt nichts mehr ausmachen. Wir haben gesagt wir fangen neu an und wir können und haben bereits vieles geändert. Ich hoffe, dass man das am Ende dann auch in unserem Spiel sieht.

Wie würdest Du Dich selber als Trainer beschreiben, worauf legst Du besonderen Wert?

Ich mag es viel zu trainieren. Ich bin ein sehr technischer Trainer, weil ich denke, dass die Technik über die Taktik entscheidet. Wenn man keine ausreichend gute Technik hat, kann man auch taktisch nicht so spielen, wie man will. Ich verlange viel von den Spielerinnen. Sie müssen vor, während und auch nach dem Training in jeder Hinsicht professionell sein. Dass sie jeden Tag zum Training kommen erachte ich natürlich als selbstverständlich. Aber sie müssen auch verstehen, was für ein Glück sie haben, dass sie Profisportler sein können.  Dafür müssen sie sich im Grunde genommen den „Arsch aufreißen“ und ihr Talent so gut wie möglich nutzen. All das sollte meiner Meinung nach das Minimum von einem Spieler sein, was ich erwarten kann. Mein Ziel ist es, jede Spielerin jeden Tag besser zu machen, denn wenn die einzelnen Spielerinnen besser werden, dann werden wir auch als Team besser.

Was macht Dir am Trainerjob Spaß?

Ich sehe es auch als Privileg an, dass ich mein Hobby zu meinem Beruf machen konnte. Ich liebe es mit Spielern zu arbeiten, Dinge zu entwickeln und zu versuchen jedes Team so gut wie möglich zu machen. Natürlich habe ich auch die Hoffnung einiges zu gewinnen, aber ich genieße auch die Zusammenarbeit mit meinem Staff und den Leuten im Verein. Noch einmal, ich denke, es ist für jeden wichtig, dass man versteht, wie viel Glück wir haben, dass wir das, was wir lieben als Job haben. Mit diesem Gefühl sollten wir immer zur Arbeit gehen, egal ob wir trainieren oder uns auf Spiele vorbereiten.

Was würdest Du als Deinen größten sportlichen Erfolg bezeichnen und was Dein größter Misserfolg?

Das ist schwer zu beantworten. Ich denke, mein größter sportlicher Erfolg war mit Impel Wroclaw in der polnischen Liga. Als ich das Traineramt übernommen habe, waren wir ganz unten in der Tabelle und am Ende haben wir mit um die Meisterschaft gespielt. Damals haben wir viel im Team und auch drum herum geändert. Wir sind wirklich innerhalb eines Jahres von einem Team vom Ende der Tabelle zu einem Top-Team gewachsen. Leider haben wir die Meisterschaft nicht gewonnen, aber die Entwicklung war auf jeden Fall fantastisch.

Einen größten Misserfolg kann ich eigentlich gar nicht so genau festmachen. Natürlich gibt es immer wieder Momente in einem Trainerleben, wo Du dich danach fragst, warum hat es nicht funktioniert, wie zum Beispiel bei mir, als wir nicht Meister in Polen geworden sind. Am Ende des Tages bin ich als Trainer dafür verantwortlich und wenn ich das Gefühl habe, dass ich nicht alles aus der Mannschaft herausholen konnte, dann ist das kein schönes Gefühl.

Aktuell sind wir im Lockdown. Hast du es trotzdem irgendwie geschafft, dich in Stuttgart einzuleben?

Das ist natürlich durch den Lockdown etwas schwierig. Ich bin ein Mensch, der die frische Luft braucht, deswegen gehe ich öfters mal raus und genieße einfach das Spazierengehen in den Weinbergen. Ich war aber auch schon in Stuttgart in der Innenstadt, aber aufgrund vom vielen Training habe ich tatsächlich noch nicht so viel sehen können. Ich hoffe, dass ich im Frühling mehr Zeit habe, mir dann doch einige Dinge anzuschauen. Aber was ich bisher gesehen habe, gefällt mir auf jeden Fall sehr gut.

Du hast vor einigen Jahren bereits in der Bundesliga gearbeitet. Wie hat sich die Liga seit deinem letzten Engagement in Schwerin entwickelt?

Ja, das war vor 7 Jahren mit Schwerin, daher kenne ich die Liga ganz gut und habe sie auch die letzten Jahre verfolgt so gut es ging. Trotz einigen Schwankungen in den letzten Jahren würde ich sagen, dass sich die Liga kaum verändert hat, seit ich weg bin. Die guten Teams sind allerdings noch ein bisschen besser geworden. Es geht stark darum, wie die Top-Teams ihre Mannschaften aufgestellt haben und wie sich diese schlagen. Stuttgart und Schwerin haben sich in den letzten Jahren gut in der Champions League präsentiert, was schon deutlich zeigt, dass die deutschen Mannschaften sich weiterentwickelt haben und nun auch international bis zu einem gewissen Punkt mithalten können. 

Gibt es noch Kontakte nach Schwerin, immerhin war Felix Kosloswki unter Dir auch Co-Trainer?

Ja, mit Felix rede ich, wenn ich ihn sehe, es ist aber nicht so, dass wir uns jede Woche und jeden Tag anrufen (lacht). Ich habe tatsächlich mehr Kontakt zu Martin, seinem Co-Trainer, der auch mein Co-Trainer in Polen war und in der finnischen Nationalmannschaft ist. Da er auch aus Norwegen kommt, sprechen wir manchmal und bleiben in Kontakt. Ich würde sowohl Felix als auch Martin als meine Freunde ansehen und es ist auf jeden Fall lustig, dass wir das erste Spiel gegen sie haben. Natürlich möchte ich gegen die beiden nicht verlieren, das ist klar.