Hat dem Match gegen den SC Potsdam ihren Stempel aufgedrückt: Zuspielerin Pia Kästner.  (Foto: Jens Körner, bildermacher-sport.de)

Hat dem Match gegen den SC Potsdam ihren Stempel aufgedrückt: Zuspielerin Pia Kästner. (Foto: Jens Körner, bildermacher-sport.de)

Dritter Sieg im dritten Bundesliga-Match innerhalb einer Woche – und dabei die beiden Spitzenteams aus Dresden und Potsdam klar mit 3:0 besiegt: Allianz MTV Stuttgart kommt nach der ungeplanten Corona-Quarantäne Mitte Oktober immer besser in Fahrt. Am heutigen Sonntagabend stürzte das Team von Trainer Giannis Athanasopoulos den Tabellenführer aus Brandenburg mit einer souveränen und äußerst konzentrierten Leistung 25:18, 25:21, 25:17 – und setzte sich damit selbst an die Tabellenspitze der Volleyball-Bundesliga! Eine Spielerin drückte dem Spiel dabei besonders ihren Stempel auf ...


Nervös war er, der Beginn des Spiels beider Mannschaften in einer Corona-bedingt leeren Stuttgarter SCHARRena, die von Hallensprecher Frank Schuhmacher für die Spielerinnen dankbarerweise mit viel digitalem Applaus und Musikstücken zur Motivation sehr emotional „gestaltet“ wurde. Profitieren konnte davon bis zur ersten technischen Auszeit aber kein Team (8:7). Potsdam fehlte Diagonalangreiferin Brittany Abercrombie wegen Kniebeschwerden, aber die Mannschaft um Kapitänin Antonia Stautz hätte mit zwei weiteren Top-10-Scorerinnen in ihren Reihen genug Angriffspower, um Stuttgart jederzeit Probleme bereiten zu können. Das war im Schwabenland natürlich bekannt – und so galt von Anfang an die Devise: Gegen Potsdam muss die Annahme grundsätzlich stehen, Aufschlagdruck ist aber fast noch wichtiger, um den Brandenburgerinnen im Spielaufbau gleich so viel „Wind aus den Segeln zu nehmen“ wie nur irgend möglich. Dies gelang Krystal Rivers & Co. dann mit zunehmender Spieldauer immer besser. Im zweiten Spieldrittel des ersten Satzes schlug das Pendel immer stärker in Richtung Stuttgart aus – was zum einen an einer 4-Punkte-Aufschlagserie von Pia Kästner zum 12:9 lag, zum anderen aber auch grundsätzlich an dem überaus engagierten Auftritt der 22-Jährigen. Und das nicht nur im Zuspiel, sondern vor allem auch in der Blockarbeit. In der Crunchtime des ersten Durchgangs, der dann klar von Allianz MTV dominiert wurde, ließ die gebürtige Eisenhüttenstädterin eine weitere Aufschlagserie mit vier Punkten folgen, setzte kurz darauf Mittelblockerin Juliet Lohuis blendend für einen krachenden Aufsteiger durch die Mitte in Szene – und der erste Satz war mit 25:18 nach 26 Minuten Spielzeit eingetütet. Wenn es überhaupt etwas auf Stuttgarter Seite zu beklagen gab, so war es die manchmal vielleicht immer noch zu geringe Durchschlagskraft im Außenangriff, wobei dies natürlich auch auf die starke Blockarbeit des SCP zurückzuführen ist. Doch das Ganze ist sowieso „Klagen auf sehr hohem Niveau“ ... denn grundsätzlich zeigte Stuttgart in dieser Partie die vom Sport-Management gewünschte „Emanzipiertheit“ im Angriff von Diagonalangreiferin Krystal Rivers (und damit größere Unberechenbarkeit beim Gegner).

Der zweite Satz war ein Abbild des ersten – nur dass Pia Kästner noch etwas mehr Gas gab! Sehr vielseitig setzte sie ihre Angreiferinnen in Szene, vor allem Michaela Mlejnková profitierte immer wieder davon und war am Ende des Matches mit 15 Punkten beste Scorerin auf Stuttgarter Seite. Kästners erneute Aufschlagserie mit fünf Punkten am Stück zum 7:4 konnte Potsdam zwar wieder kontern. Aber dass man als Zuspielerin bei einer solchen Serie auch noch fast alle Punkte selbst beisteuert oder irgendwie dafür mitverantwortlich ist, ist schon ungewöhnlich. Ein über Kopf zugestellter Einbeiner von Mia Todorova und zwei völlig identische Monster-Blocks hintereinander zusammen mit Juliet Lohuis gegen die heranfliegende Vanessa Agbortabi ließen die Stream-Zuschauer mit einem Zungenschnalzer zurück. Und in der Crunchtime eines zweiten Satzes, in dem die Abwehrreihen beider Teams damit begannen, immer mehr über sich hinauszuwachsen, hatte Stuttgart manchmal das Glück des Tüchtigen, in der Regel aber doch meist etwas mehr Abgebrühtheit im Nutzen seiner Chancen. Pia Kästner blockte ein weiteres Mal zusammen mit Mia Todorova einen Potsdam-Angriff über links, um gleich danach einen zu lang abgewehrten „Danke-Ball“ des SCP direkt am Netz im Feld zu versenken (20:15). Am Ende war es ein „Drop-Block“ des Stuttgarter Mittelblocks, der eine zu lange Annahme von Potsdams Abwehr geschmeidig senkrecht zum Netz auf den Boden drückte und den Satz so für die „Blauen“ sicherte. Statistisch glänzte Stuttgart mit Angriffsstärke, was sonst eigentlich viel mehr Potsdams Terrain ist. Vor allem bei Angriffen aus der Abwehr oder nach schlechter Annahme war Allianz MTV den Brandenburgerinnen überraschend stark überlegen.

Potsdams Trainer Guillermo Hernandez, in Stuttgart ja kein Unbekannter, brachte nun Antonia Stautz für Vanessa Agbortabi und versuchte auch im Zuspiel mit der US-Amerikanerin Lindsay Flory einen Impuls nach vorne zu setzen. In der Folge waren aber auf beiden Seiten eher noch mehr Top-Leistungen in der Abwehr zu sehen, da einerseits die Blockabwehr funktionierte, andererseits die Abwehrspielerinnen immer weiter über sich hinauswuchsen. Vor allem Potsdams Libera Aleksandra Jegdic. Kaum ein Punkt konnte mehr mit dem ersten schnellen Ball entschieden werden. Allein – es nützte nichts für Potsdam: Nach einer 8:2-Führung Stuttgarts konnte sich das Team in rot-weiß zwar wieder auf 9:7 heranarbeiten, unter anderem mit einem krachenden Emonts-Block gegen Maria Seguras Linksaußenangriff (nachdem zuvor auf beiden Seiten wieder einmal vier Angriffsversuche nicht auf den Boden gebracht werden konnten). Doch da war ja noch, klar, Pia Kästner, die auch an der Aufschlaglinie einen „Sahnetag“ erwischt hatte. Wieder folgte von ihr eine kleine Aufschlagserie zum 16:10. Und diesen Vorsprung konnte das Team von Giannis Athanasopoulos bis zum Ende durchbringen. Lena Große Scharmann und Lara Berger bekamen noch Einsatzzeit – und auch Athina Papafotiou durfte noch Akzente im Zuspiel setzen (und Pia Kästner somit nach glänzender Leistung quasi frühzeitig zum Duschen). Dass es am Ende ausgerechnet das 196cm große „Küken“ Lara Berger war, die mit einem ultrahohen Pipe aus dem Hinterfeld den Sack für Stuttgart zum 3:0-Sieg zumachte (25:17), ließ dann auch die Co-Kommentatorinnen des sporttotal.tv-Streams schmunzeln. Die ehemaligen Spielerinnen von Allianz MTV Stuttgart, Micheli Pissinato und Debbie van Daelen, waren sich einig am Mikrophon: „Stuttgart ist wie fast in jedem Jahr eine verschworene Kämpfertruppe, aber die Ausgeglichenheit auf jeder Position macht das Team jetzt noch unberechenbarer im Angriff.“

 

Starting Six Stuttgart:
Kästner (MVP) – Mlejnková – Todorova – Lohuis – Rivers – Segura – Libera: Koskelo
 

Starting Six Potsdam:
Tiemi Takagui – Ruddins – Speech – Veltman – Emonts – Agbortabi – Libera: Jegdic (MVP)